Nach und nach läuft seit einigen Tagen die Freibadsaison 2020 an. Für Badbetreiber, Schwimmer und Wasserliebhaber sorgt dies für große Freude. Bei einem stimmigen Hygienekonzept für die Badanlage, Leitlinien und ausreichend Aufsichtspersonal können Badegäste den Tag in den Freibädern genießen.
Risiken beim Schwimmbadbesuch
Trotz bester organisatorischer Vorkehrungen geht mit der Nutzung der Freibäder ein gewisses Infektionsrisiko einher. Dies sollte jedem Badegast grundsätzlich bewusst sein. Laut einer Statistik der DLRG ertranken in Deutschland 2019 mindestens 420 Menschen. Zwar fanden 87 Prozent der Opfer den Ertrinkungstod in Flüssen, Seen und Kanälen in den nichtbeaufsichtigten Bereichen, nichtsdestotrotz besteht auch in Freibädern immer ein gewisses Risiko.
Ohne vorheriges Abduschen ins Wasser zu springen kann auch bei geübten Schwimmern zu Kreislaufproblemen führen, ebenso wie plötzlich auftretende Muskelkrämpfe, wodurch die Schwimmfähigkeiten massiv eingeschränkt werden können und Hilfe von außerhalb erforderlich wird.
Die Corona-Pandemie beeinflusst alle Lebensbereiche und stellt aufgrund dessen, dass sich das Virus vor allem über durch Tröpfcheninfektion verbreitet, die Schwimmmeister und Ersthelfer im Falle einer Rettung aus dem Wasser vor die schwere Entscheidung: Wie sind bei einem Ertrinkungsfall die Reanimationsmaßnahmen durchzuführen?
Durchführung der Wiederbelebung
Der Vorstand des Deutschen Rates für Wiederbelebung weist auf der Internetseite für Wiederbelebung der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung auf neue Verhaltensweisen im Notfall hin:
Helfer sollten sich einer bewusstlosen Person nicht mit dem Gesicht nähern, um gegebenenfalls Atemgeräusche zu überprüfen und einen Luftzug zu spüren. Die Überprüfung solle sich auf das Anheben des Nackens mit dem Anheben des Kinns und die Beobachtung der Brustkorbbewegungen beschränken.
Weist die Person keine Reaktion auf Ansprache und Berührung auf und sind auch keine Atembewegungen erkennbar, so muss sofort der Rettungsdienst (112) alarmiert werden und mit der Herzdruckmassage begonnen werden. Der Deutsche Rat für Wiederbelebung weist ausdrücklich darauf hin, dass in diesem Fall auf eine Atemspende verzichtet werden soll. Das Gesicht des Betroffenen könne zusätzlich sogar mit einem luftdurchlässigen Tuch bedeckt werden.
Auch die Deutsche Herzstiftung gibt derzeit die Empfehlung von der Atemspende abzusehen und die Wiederbelebung auf die Herzdruckmassage zu beschränken, bis das Rettungsteam eintrifft. Für den Fall, dass sich ein Automatisierter Externer Defibrillator (AED) in der Nähe befindet sollte dieser von einem zweiten Helfer geholt werden. Die Druckmassage ist währenddessen weiter durchzuführen bis das Gerät angewendet werden kann.
Den Anweisungen des Gerätes sind Folge zu leisten. Anders verhalte sich dies bei Angehörigen aus dem häuslichen Umfeld. Aufgrund des engen Zusammenlebens gehe man hier von einer geringen Ansteckungsgefahr durch das Corona-Virus.
Fehlende Atemspende – Sinkt die Überlebenschance?
Alle fünf Jahre werden die Empfehlungen für lebensrettende Sofortmaßnahmen in einem umfangreichen Verfahren international beraten. Federführend ist dabei das International Liaison Committee on Resuscitation, kurz „ILCOR“. 356 Experten für Wiederbelebung aus 29 Ländern bewerteten und diskutierten in einem langwierigen, 36-monatigen Prozess den Stand der Forschung, um am Ende zu neuen Empfehlungen zu gelangen.
Umgesetzt werden diese Maßnahmen von den regionalen Organisationen. In Folge dessen wies man bereits 2011 Laien in den USA an, im Falle einer Reanimation, den Fokus auf die Herzdruckmassage zu legen und keine wertvollen Sekunden mit Beatmungsversuchen zu vergeuden. Im Falle eines Herzstillstandes heißt es hier „Hands only!“.
2015 hatte der Europäische Rat für Wiederbelebung (ERC) und sein deutsches Pendant GRC, seine Leitlinien verändert.
Darin empfehlen sie vorrangig bei einer Wiederbelebung die Thoraxkompression, also die Herzdruckmassage. Ersthelfer, die sich dazu in der Lage fühlen, sollten zudem auch eine Atemspende durchführen.
Erste Hilfe – Empfehlungen der Ärzte
Bereits im Mai 2019 verwies die „Ärzte Zeitung“ auf die Ergebnisse der Auswertung von Langzeitdaten aus Schweden. Nach Auswertung der Daten kommen die Schweden zu dem Schluss: Trotz fehlender Beatmung muss die Überlebenschance nicht sinken. Als Grund geben die Autoren die in Schweden veränderten Leitlinien zur Ersten Hilfe an. Diese weisen die Helfer vor allem zur Herzdruckmassage und nicht zur Atemspende an. Dadurch werde, so wird vermutet, den Helfern der Ekel und die große Überwindung genommen, wodurch dem Bewusstlosen eher geholfen werde.
Die Deutsche Herzstiftung fordert die Reanimation für Ersthelfer zu vereinfachen. Jährlich sterben etwa von 70 000 Menschen rund 65 000 Menschen an einem Herzstillstand, weil die Verunsicherung bei Ersthelfern zu groß ist und nicht zeitnah gehandelt wird. In den ersten zehn Minuten nach einem Stillstand fehlt es dem Körper zunächst nicht am Sauerstoff. Es fehlt vielmehr der Blutfluss wodurch der Sauerstoff zum Gehirn transportiert wird. Durch die Herzdruckmassage und den Einsatz eines Defibrillators wird ein solcher Blutfluss wiederhergestellt, was die wertvolle Zeit bis zum Eintreffen der geschulten Rettungskräfte überbrückt.
Daher diskutieren Ärzte bereits seit Jahren die Leitlinien zu verändern. Anästhesisten legten bereits 2014 in ihrem Aufruf an Laien „Prüfen, Rufen, Drücken“ den Fokus auf die Druckmassage. Auf eine Atemspende zu verzichten steht somit nicht erst seit Ausbruch des Corona Virus zur Debatte.
Was bedeutet dies für den Ertrinkungsfall in einem Schwimmbad?
Die Badaufsicht ist grundsätzlich auch während der Corona-Pandemie durch ausgebildete Schwimmmeister gewährleistet. Im Ertrinkungsfall werden diese die bewusstlose Person natürlich aus dem Wasser bergen und an Land mit den Reanimationsmaßnahmen beginnen. In allen Schwimmbädern stehen Defibrillatoren für den Notfall bereit, welche in dem Fall Anwendung finden werden. Die Zeit bis zum Eintreffen der Rettungskräfte werden durch die Herzdruckmassage und das Einsätzen des Gerätes überbrückt.
Zusätzlichen Schutz bietet eine Beatmungsmaske! „siehe Bild oben“ Die beim beatmen des verunfallten Badegastes den direkten Kontakt zum Mund verhindert. Diese Hilfsmittel sind in vielen Bädern bereits Standard. Ein Einsatz dieser Masken bietet somit alle Maßnahmen der Ersten Hilfe und verhindert, dass der Ersthelfer nicht in den Fokus einer unterlassenen Hilfeleistung gerät. z.B. bei fehlender Atemspende! Im Einsatz unter Pandemiebedingungen muss der Erstretter selbst entscheiden!
Es gibt viele Auswirkungen auf Badbetreiber. Einige Organisationen weisen auch auf den Einsatz eines Rubenbeutels (Beatmungsbeutel) hin. Der Einsatz ist allerdings bei einer Einhelfer Methode kaum umsetzbar. Ganz besonders dann, wenn die Wasseraufsicht nur durch einen Angestellten durchgeführt wird. Da erscheint eine Beatmungsmaske besser, denn die Beatmung kann auch von der Seite problemlos durch eine Person durchgeführt werden. Bei einer Zweihelfermethode ist die Anwendung des Beatmungsbeutels unter Pandemiebedingingen allerdings zu empfehlen.
Eine Einhelfermethode mit einem Beatmungsbeutel ist kaum möglich. Denn der Luftspender kniet eigentlich hinter dem Kopf mit dem Beatmungsbeutel, während der andere immer im Wechsel von der Seite aus die Herzdruckmassage ausübt 😉
Die Maske allein ist nicht groß und passt in jeden EH-Rucksack.
Die Rechtfertigungsgründe zu den Maßnahmen kann ich auch nicht nachvollziehen. Ein Hinweis darauf hätte da völlig ausgereicht.
Aber Danke für die Bestätigung, dass ihr das auch schon immer so macht 🙂
Grüße aus Hamburg
Hallo Sven,
Rainer hat es schon gesagt!
Das Thema gibt es nicht erst seit Corona.
Ich finde die Maske nicht schlecht. Dreh einfach den Kopf nach dem Beatmen zur Seite weg, dann bekommst du die Ausatemluft nicht ab. 😉
Bei der Zweihelfermethode (wenn mehr Personal zur Verfügung steht) würde ich natürlich auch einen Beatmungsbeutel (Rubenbeutel) 😉 vorziehen!
Moin,
ich verstehe die ganze Diskussion dieser Problematik im Internet nicht. Wir haben seit über 10 Jahren eine Beatmungsmaske in jeder Erste Hilfe Ausrüstung. So können unsere Mitarbeiter auch alleine eine Wiederbelebung problemlos durchführen und beugen so schon immer dem Infektionsrisiko vor. Das ist nicht erst Thema seit Corona.